
Jérôme Enrico hat mit der 2013 verstorbenen Bernadette Lafont einen wunderbar schrägen, mit bissig-bösartigem und gänzlich unkorrektem Humor angereicherten Film inszeniert, der in Frankreich ausnehmend erfolgreich war – nun zeigt die ARD „Paulette – Die etwas andere Oma“ in ihrer Sommerkino-Reihe.
Die alte Dame Paulette (Bernadette Lafont) lebt in einem Banlieu von Paris mehr schlecht als recht von ihrer mageren Rente. Früher hatte ihrem Mann eine gutgehende Patisserie gehört, sie konnten sich eine hübsche Stadtwohnung leisten, doch seit er sein Geschäft verlor und vom Alkohol dahingerafft wurde, muss sie in der Plattensiedlung ihr Dasein fristen – inmitten der von ihr so verachteten Ausländer. Denn Madame Paulette ist nicht nur ein alte Rentnerin, sie ist auch ausnehmend rassistisch, sorgt für Küchenschaben im Essen jener Japaner, die ein Restaurant in ihren alten Geschäftsräumen betreiben und lässt ihren Frust an ihren Enkel aus, den ihr Schwiegersohn ist schwarz.
Paulette – Die etwas andere Oma: Haschkekse im Sommerkino
Durch ein Zwangspfändung verliert Paulette zudem den kläglichen Rest ihres abgespeckten Lebens – woraufhin sie einen seltsamen Entschluss fasst: Sie will Haschisch-Kekse verkaufen, um ihre Rente aufzubessern. Und tatsächlich erweist sich ihr neues Geschäftsmodell als ausgesprochen lukrativ. Die alte Dame und ihre Freundinnen, die mit ins Business einsteigen, blühen förmlich auf und auch ihr Verhältnis zu ihrem Enkelsohn bessert sich. Doch die örtliche Drogenmafia hat für die Konkurrenz eigene Pläne und auch ihr Schwiegersohn, Polizist bei der Drogenfahndung, scheint der „etwas anderen Oma“ auf die Schliche zu kommen.
Jérôme Enrico mag sich ein oder zwei Ideen aus der Erfolgsserie „Breaking Bad“ vorgenommen haben, seine „Paulette“ jedoch ist so eigenständig wie ungewöhnlich: Selten konnte man eine so pietätlose Person wie die Hasch-Oma trotz mieser Sprüche und im Hals stecken bleibenden Lachen so gern haben – was zum einen der Entwicklung des Charakters im Film geschuldet ist, zum anderen aber vor allem der Verdienst von Bernadette Lafont in ihrer letzten Rolle ist.
ARD zeigt den letzten Film von Bernadette Lafont
Bernadette Lafont hat gleich zu Beginn ihrer Karriere mit Truffaut gedreht, mit Chabrol und Louis Malle. Als Nouvelle Vague Star hat sie die Herausforderungen im französischen Kino gesucht, wurde dafür vielfach mit Preisen ausgezeichnet. „Paulette – Die etwas andere Oma“ war ihr letzter Film, der ein Jahr vor ihrem Tod 2013 in die Kinos kam. Auch hierin konnte sie noch einmal die Fähigkeit unter Beweis stellen, ambivalente und reichhaltige Charaktere zu verkörpern, denn auch wenn die Drogen-Oma im Verlaufe des Films von Jérôme Enrico zwar eine sympathische Wandlung durchmacht, schräg und zickig bleibt sie bis zum erstaunlichen Ende.
Die ARD zeigt „Paulette – Die etwas andere Oma“ im Rahmen des „Sommerkinos im Ersten“ am Montag, den 14. Juli 2014 um 20.30 Uhr.